Eines lässt sich bei Tokio Hotel sicherlich nicht abstreiten – sie gehören, neben Rammstein und Scooter, zu den erfolgreichsten Exportschlagern Deutschlands. Werden Sie mit ihrem neuen Album „Humanoid“ an ihre bisherige Karriere anknüpfen können?

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So sehr Tokio Hotel u.a. in Asien riesige Erfolge feiern und überdimensionale Konzerthallen füllen kann, so muss man auch sagen, gibt es kaum eine Band die Deutschland dermaßen polarisiert. Es gibt tatsächlich nur diese zwei Varianten: Entweder man vergöttert die vier Jungs, rennt zu jedem Konzert, bekommt dort Schreikrämpfe sowie Ohnmachtsanfälle und kleistert natürlich sein gesamtes Zimmer mit Postern zu oder man gehört zur anderen Fraktion, die schon beim Wort „Tokio Hotel“ Tobsuchtsanfälle bekommt.

Zu welcher Front man auch gehört, das neue und dritte Album „Humanoid“ ist selbst bei objektiver, genügsamer Betrachtung ein absolut herber Rückschritt. Die Höhepunkte der Platte sucht man fast vergebens. Zwar zeigt sich, dass die drei Musiker an Bills Seite handwerklich dazugelernt haben und Ihre Instrumente weitaus vielseitiger einsetzen, doch diesmal ist es Bill, der diesen Fortschritt wieder wett macht.

Und wie klingt das Ganze? Nun ja, der Titel „Humanoid“ (menschenähnliche Lebensform) trifft es auch eigentlich auf den Punkt. Die Songs kommen alle sehr fiepsig und spacig daher, da wird einem die Autotune-Science-Fiction-Fasson geradezu mit einem Brett vor den Kopf gehauen.

Nichts mehr mit Rock, viel eher Space-Pop und das leider auf Kosten der Qualität. Um nur einige Tiefschläge zu nennen: Schon der erste Song „Komm“, bei dem sich Bill schief durch den Song quält, wird ein akustischer Angriff auf unser Hörvermögen. Leider bleibt das Niveau konstant so niedrig. Von der abenteuerlichen Phrasierung, die meist daneben geht, der fehlenden Artikulation, die Bill mit endloser Vokaldehnung versucht zu kaschieren, macht alles nur noch schlimmer. Da ist man froh wenn man Refrains, wie aus „Sonnensystem“ oder „Zoom“ wohlbehalten überstanden hat. Alles zieht sich wie ein Kaugummi ohne jegliche erfrischende Dramaturgie.

Das Schlimmste sind aber wohl die billigen Teenie-Herzschmerz-Lyrics, die wohl jeder 14-jährige Fan weniger plump aufs Papier bekommen hätte. Ähnlich verhält es sich leider auch mit den Kompositionen: simple Muster, die einfach leicht zu ersetzen sind und glücklicherweise so schnell aus dem Kopf verschwinden wie sie da waren.

Wo ist nur die Wut, Energie und Unbändigkeit von Tokio Hotel aus „Schrei“ geblieben? „Humanoid“ sollte lieber auf dem Mars bleiben…

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