William Fitzsimmons ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Seelenheiler. Am gestrigen Abend entführte er das Publikum im Berliner Astra Kulturhaus in seine wunderbar melancholische Welt und ließ sie ihren eigenen Schmerz vergessen.

Ende März veröffentlichte er sein neues Album „Gold In The Shadow“, gestern Abend präsentierte er es mit frisch gestriegeltem Bart dem Berliner Publikum im Astra Kulturhaus. William Fitzsimmons, der vor gar nicht so langer Zeit noch als Geheimtipp der Singer/Songwriter-Szene galt, erfreut sich mittlerweile so starkem Zuspruch, dass das Konzert, das eigentlich im Lido geplant war, zwei Mal in eine größere Location verlegt werden musste. Sein Bart und seine Fangemeinde wachsen sprichwörtlich um die Wette.

Konzertbericht: William Fitzsimmons im Astra

Mann. Bart. Gitarre. William Fitzsimmons. Wenn er die Bühne betritt, zaubern sein Anblick und seine sympathische Ausstrahlung einem unweigerlich ein Lächeln aufs Gesicht. Wenn er anfängt zu singen wird das Lächeln breiter – nicht weil er so lustig ist, sondern weil seine Musik es vermag ein unwahrscheinliches Glücksgefühl in einem auszulösen. So einfühlsam, sanft streichelt er jeden Einzelnen im Publikum mit seiner Stimme. Dabei schüttet er den fremden Gesichtern, die ihn verzückt anstarren, sein ganzes Herz aus. Wirkt gleichzeitig so bewundernswert stark und doch so zerbrechlich schwach, dass man ihn am liebsten in den Arm nehmen und trösten möchte.

Doch eigentlich ist er es, der tröstet. Er, der Mann mit dem kahlen Kopf und dem langen gepflegten Bart, dem der Scheinwerfer gerade einen Heiligenschein auf sein Haupt zaubert. Seine tiefschürfenden Songs über gescheiterte Beziehungen, Selbstzweifel, Selbstsuche und Selbstfindung, die ursprünglich zu seinem eigenen Seelenheil beigetragen haben mögen, wirken auch auf die Zuschauer wie ein heilendes Elixier. Ein Elixier, das einmal in den Körper gelangt, seine lindernden Dämpfe verströmt und alles Böse vertreibt.

Zuschauer schließen gedankenverloren die Augen, wanken von links nach rechts, lassen sich mitnehmen auf eine Reise durch ihr Inneres. Jeder Song ein Gewinn.

Hätte er nicht ohnehin schon die Herzen des Publikums für sich eingenommen, würde William Fitzsimmons das Wohlwollen des Publikums spätestens mit der ersten heiteren Anekdote erhaschen, von denen er so einige auf Lager hat. So erzählt er von einer leicht verstörten deutschen Verkäuferin, die sich angesichts seines langen Bartes nicht erklären kann, wofür der Mann einen Rasierapparat benötigt und überrascht mit gebrochenem, aber mühevoll erlernten  deutschen Vokabeln (von denen er wohl bemerkt die ein oder andere auch gern wieder vergessen dürfte).

Meinen Lieblingssong sollte ich schlussendlich auch noch zu hören bekommen. Als eine der Zugaben erklingt “After Afterall” vom Album “The Sparrow and The Crow”. Ein Song wie ein Ozean – so tief, dass man darin zu ertrinken droht, wenn man sich ihm voll und ganz hingibt. Welch gelungener Abschluss eines bewegenden wie beruhigenden Konzertabends.

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Ein Wermutstropfen

Wenn ein Mensch mit solch einem Charisma auf der Bühne steht und seine engelsgleiche Stimme dem Publikum offenbart, muss ein Knistern in der Luft liegen. Eine Spannung die leider nur in intimeren Konzertstätten zustande kommen kann. Um ausgiebig in Williams Worten und Melodien schwelgen zu können, sich an ihnen zu erlaben, wären auch Sitzgelegenheiten wirklich von Vorteil gewesen. Viele Zuschauer im hinteren Teil des Astra ließen sich gar auf dem harten Hallenboden nieder, um Fitzsimmons in aller Ruhe zu lauschen.

Liebe Konzertveranstalter, gebt den stillen Hilferufen der Zuschauer nach und lasst den guten William doch demnächst lieber in einem Theater oder unter freiem Himmel auftreten! Denn: weniger ist manchmal mehr!

Doppelter Support: Maria Taylor und Slow Runner

Auch die Voracts, die gestern gleich im Doppelpack auftraten, sollen zu guter Letzt noch einmal Erwähnung finden. Maria Taylor und Slow Runner bereiteten den Auftritt meines Lieblingsbarts vor. Während Erstere sich mit ihren gefühlvollen Songs und ihrer Gitarre im Arm allein der Meute im Astra stellte, traten Letztere zu dritt auf. Mit Bass, Synthi und Schlagzeug schaffte die Band um Songwriter Michael Flynn eine entspannt lauschige Atmosphäre. Ihre Mischung aus elektronischen Beats  und soften Klängen durften schon 2009 die Fans der Avett Brothers in deren Vorprogramm live erleben.

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